Industrie 4.0 ist weitaus mehr als die Vernetzung und Automatisierung von mechanischen Fertigungsanlagen. Die Digitalisierung der industriellen Produktion definiert zugleich die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine völlig neu. Aufstrebende Technologien wie Augmented Reality (AR) rücken immer stärker in den Fokus – als virtuelle Assistenzsysteme können sie helfen, Arbeitsabläufe zu vereinfachen und Aufgaben wie Montage, Wartung und Instandhaltung effizienter zu gestalten.
Seinen ersten großen Auftritt hatte AR auf spielerische Weise: Mit Pokémon Go gingen Tausende von Smartphone-Besitzern weltweit auf die Suche nach virtuellen Monstern. Oft führte es zu denkwürdigen Szenen, wenn Passanten verirrte Blicke in das vermeintliche Nichts richteten und dabei nach Dingen Ausschau hielten, die nur auf ihrem Smartphone zu sehen waren. Doch eben hier liegt der Clou – nicht nur in der Jagd nach Fantasiewesen, sondern generell von AR-Anwendungen. In der Augmented Reality wird unsere reale Wahrnehmung mit Informationen aus der virtuellen Welt kombiniert.
Augmented, oder zu Deutsch „erweitert“, ist unsere Realität immer dann, wenn wir unsere Umgebung mit digitalen Inhalten anreichern. Im Gegensatz zur virtuellen Realität (VR) tauchen Anwender allerdings nicht komplett in die AR-Umgebung ein. Im Vordergrund steht die Kombination beider Welten, der analogen und der digitalen. Und diese birgt enormes Potenzial. So hat das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO im Herbst 2019 in einer Kurzstudie herausgefunden, „dass digitale Assistenzsysteme vor allem in den Bereichen der Fertigung und Montage verstärkt zum Einsatz kommen werden“. Die AR-gestützte Arbeit direkt am Objekt birgt in der Tat zahlreiche Optionen, durch die der Arbeitsalltag von Monteuren und Servicetechnikern erleichtert werden kann.
AR-basierte Assistenzsysteme schaffen etwas, was keine analoge Gebrauchs- oder Verfahrensanweisung bieten kann: Sie schließen die Lücke zwischen Produkt und digitalem Informationsfluss. Damit helfen sie Herstellern dabei, ihren Kunden und Mitarbeitern komplexe Inhalte audiovisuell zu erklären – und das in Echtzeit und direkt vor Ort. Ein weiterer charmanter Zug von AR im Arbeitsumfeld ist die schnelle und kostengünstige Realisierbarkeit. Es bedarf lediglich eines mobilen Endgeräts und einer passenden App, um Mensch und Maschine in einer erweiterten Realität miteinander zu vernetzen.
Inzwischen gibt es eine Reihe cleverer Programme, die anhand virtueller Anreicherungen das reale Leben begreifbarer machen. Sie ermöglichen es, mit einem smarten Endgerät ein reales Objekt visuell zu erfassen, um dann digitale Kurzinformationen direkt über ein Produkt, eine Anlageneinheit oder ein Maschinenmodul zu legen. Jede Info kann aktiviert werden – der Anwender gerät direkt per 1-Click-Methode auf die digitale Dokumentation des Bauteils oder der Bedieneinheit, dessen Info-Schnipsel er angewählt hat. Ausgereifte AR-Technologien erkennen nicht nur Objekte im visuellen Suchfeld, sie passen die digitalen Vorlagen darüber hinaus automatisch den Dimensionen der realen Gegenstände an. Diese deckungsgleiche Überlagerung von Abbild und Objekt sorgt für hohen Komfort in der Handhabung. Ein aufwendiges Suchen und Blättern in Handbüchern entfällt dabei komplett. So bekommen Nutzer mit minimalem Aufwand die richtigen Informationen zur richtigen Zeit.
Für Servicetechniker stellen AR-Lösungen eine große Arbeitserleichterung dar, da sie sich schneller auf das Wesentliche konzentrieren können. Zudem sind sie in der Lage, komplexe Aufgaben ohne umfassende Trainings oder besonders tiefe Kenntnisse über ein Produkt zu lösen. Zahlreiche AR-basierte Anwendungen unterstützen die Einbindung von Multimedia und bündeln Medienformate wie PDFs, Videos, Sounddateien und dreidimensionale Animationen. 3-D-Ansichten helfen dabei, das Produkt in all seinen Details und aus allen Perspektiven zu betrachten – ein wichtiges Feature, um ein übergreifendes Verständnis für Produkte zu entwickeln. Besonders komplexe Arbeitsschritte können in einem kurzen Filmclip veranschaulicht werden.
Die Vorteile AR-basierter digitaler Assistenz im Arbeitsalltag liegen auf der Hand. Die Zeit, die Mitarbeiter einsparen, weil sie nicht mehr aufwendig in Handbüchern blättern müssen, sorgt zugleich für reduzierte Servicekosten bei Wartungs-, Pflege- und Instandsetzungsarbeiten. Dass Servicetechniker mit AR-Unterstützung schneller Probleme finden und beheben können, steigert zugleich die Produktivität und sorgt für eine höhere Maschinenverfügbarkeit. Alles in allem sind ausgereifte digitale Assistenzsysteme ein echter Zugewinn für effiziente Industrie-4.0-Umgebungen.